KRISTALLTAG

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Begrüßung von Mag. Karl Ramsmaier

 

Enthüllung "KRISTALLTAG"

Donnerstag, 6.November 2014  19.00, Rathauspassage Steyr

Sehr geehrte Damen und Herrn!

Am 9. November 1998 abends versammelte sich das Mauthausen Komitee - vielleicht 5-10 Personen - im Haus des letzten Steyrer Juden Friedrich Uprimny um bei einem außergewöhnlichen Kunstprojekt dabei zu sein. Eine quadratische Goldplatte lag auf dem Boden, einige Mikrofone waren darauf gerichtet und ein Hammer aus Stahl war vom Künstler Johannes Angerbauer vorbereitet worden. Tage zuvor war die Goldplatte in Wien unterwegs um die Spuren der Auschwitz-Überlebenden Alice Rusz aufzunehmen, deren familiäre Wurzeln in der Steyrer Rabbinerfamilie Schleifer zu finden sind. Zurückgekehrt nach Steyr sollte die Platte Spuren von Flüchtlingen aufnehmen, die vor der Gewalt in ihren Ländern nach Steyr geflüchtet sind. Die Vertriebenen kamen aus Bosnien, dem Kosovo, dem Iran, dem Irak, dem Libanon, Tschechien, Russland und Rumänien. Es sind Spuren von Menschen, deren Schicksal allzu leicht vergessen wird. Zwei Hammerschläge auf das Glas der Goldplatte sollte auf die Schicksals-schläge dieser Menschen hinweisen. Das Zerbrechen des Glases zeigte, dass durch den Holocaust und die Flucht heutiger Asylanten vieles zerbrochen ist. Das "Knistern" des zerbrechenden Glases wurde noch in derselben Nacht ins Internet gestellt. Der private Rahmen im Haus des letzten Steyrer Juden und die weltweite Veröffentlichung im Internet traten dabei in eine kreative Spannung. Vertreibung, Gewalt und Verfolgung sind nicht zu Ende, sondern gehen bis in unsere Tage weiter. Auch die Gleichgültigkeit diesen Schicksalen gegenüber hat sich kaum verändert. Johannes Angerbauer lassen diese Schicksale nicht kalt, er nimmt sie in seine Kunst auf. Er nennt das Kunstobjekt bewusst "Kristalltag". Die Nationalsozialisten hatten ja das Pogrom am 9.November 1938 'Reichskristallnacht' genannt, weil bei der Zerstörung der Synagogen und Geschäfte soviel Glas zu Bruch ging. Johannes Angerbauer geht es also um das Gegenteil von dem was die Nationalsozialisten gemacht haben.

·        Es geht ihm darum, dass es "niemals wieder" derartige Brutalität und Menschenverachtung gibt wie bei den Nationalsozialisten.

·        Es geht ihm darum, dass es statt Zerstörung den Aufbau des Menschlichen gibt.

·        Es geht ihm darum, dass nicht unter dem Schutz der Nacht Hass und Niedertracht sich breit machen, sondern offene, tolerante und gewaltfreie Kommunikation stattfindet, die das Licht des Tages nicht zu scheuen braucht.

·        Es geht ihm um den "Kristalltag", wo das Schicksal der Schwächeren und Benachteiligten, der Minderheiten und Ausgegrenzten in den Mittelpunkt rückt.

Heute dürfen wir dieses außergewöhnliche Kunstobjekt hier in der Rathauspassage enthüllen. Es ist ein Ort, der von vielen unterschiedlichen Menschen frequentiert wird. Es ist aber auch ein Ort, an dem viele wichtige und folgendschwere Entscheidungen für die Stadt getroffen werden. Genau hier soll dieses Kunstobjekt das "Niemals wieder" in Erinnerung rufen und das Schicksal von heutigen Flüchtlingen und Ausgegrenzten ins Bewusstsein treten lassen.

Johannes Angerbauer hatte ja schon 1995 in der Rathauspassage das Kunstprojekt "...noch nicht mit Erde bedeckt" realisiert. Gold ist nicht nur etwas Glänzendes und Wertvolles, hatte er damals anhand von neun türgroßen Goldplatten gezeigt, sondern hat auch eine Kehrseite. An ihm klebt Blut, Unrecht, Verfolgung und Gewalt. Je mehr Menschen diese Goldplatten damals betraten desto mehr kamen diese Bilder des Unrechts zum Vorschein.

Ich darf Sie alle im Namen von Johannes Angerbauer, der leider nicht teilnehmen kann, zur heutigen Enthüllung des Kunstobjektes " Kristalltag" ganz herzlich begrüßen.

Ich begrüße in Vertretung von Bürgermeister Gerald Hackl Herrn Vizebg. Wilhelm Hauser. Freue mich, dass auch der für Kultur zuständige Vizebürgermeister Gunther Mayrhofer da ist und die Vorsitzende des Kulturausschusses MMag.a Michaela Frech. Darf beide ganz herzlich begrüßen. Begrüße auch Altbg. Ing. David Forstenlechner und die Geschäftsführerin des MAW Frau Mag.a Katrin Auer, die heute auch zu uns sprechen wird.

Begrüße den Leiter des Kulturamtes der Stadt Steyr Dr. Augustin Zineder und Pfarrassistentin Mag.a Angelika Paulitsch.

Herzlich willkommen heiße ich auch die Galeristin von Johannes Angerbauer, Frau Mag.a Theresa Fischer vom Verein "Artstation International", die mit dem 'Kristalltagobjekt' bereits in Sydney, Washington und New York unterwegs war.

Ich begrüße das Instrumentalensemble des BRG Steyr unter der Leitung von Mag. Christian Hatzenbichler.

Ich möchte Sie darauf hinweisen, dass dieses Kunstobjekt eine außergewöhnliche Finanzierung aufweist. Ein Drittel der Kosten werden 'demokratisch' d.h. durch die Bevölkerung von Steyr finanziert. Dazu gibt es sehr schöne Bausteine mit einem Kippbild, auf dem "Niemals wieder" erscheint, zu € 20.- , € 40.- und € 80.- Ich lade Sie ein sich daran zu beteiligen.

(Mag. Karl Ramsmaier ist Theologe und Obmann des Mauthausenkomitee Steyr. Zur Homepage des Mauthausenkomitee Steyr)

Kristalltag Kommentar von Mag. Ramsmaier, 1999, auf socialgold.com

Kunstprojekt "...noch nicht mit Erde bedeckt" 1995, auf socialgold.com