KRISTALLTAG

home     index  idee  konzept  handlung  links    kontakt

1938 1998 2012 2014 2015

Presse Reaktionen 1998

 

OÖ Lokal Nachrichten Steyr 
1998-11-11

 

"Heimat" in vielen Facetten. Events zeigen Komplexität  von Hans Stögmüller

STEYR. Einige Kulturvereine, von der Bildungswerkstatt bis zum Ypsilion, taten sich zusammen, um in einer Veranstaltungsreihe bis 21. November den Begriff Heimat auszuloten.

Nach der Eröffnung der Serie "Heimat, na und..." in der Zeitwerkstatt folgten am vergangenen Freitag mehr als hundert Menschen den Klängen Peter Czermaks Ziharmonika und Christian Wirths Geige auf der Wanderung vom Wehrgraben zum Bahnhof und zurück zu den Standorten einer "dezentralen Vernissage".

Reinhold Rebhandls "Gelbe Parkbänke" setzten sich mit der Farbe Gelb als Symbol für Ausgrenzung auseinander, Ingrid Tragler will mit ihrem Fahrplanrollen auf das Thema "Bahnhof als Drehscheibe" aufmerksam machen, Gabriele Maria Gruber lädt mit ihrer Videoinstallation ein, sich Gedanken über das "Fortgehen" zu machen, und Ulrike Schörkl schuf eine integrative Plastik.

Das Projekt T.A.05098 von Johannes Angerbauer bezieht sich auf die "Reichskristallnacht" vor sechzig Jahren: Eine vergoldete Glasplatte mit dem Bild Herschel Grynszpans, der durch sein Attentat auf Ernst vom Rath den willkommenen Anlaß bot, den Holocaust einzuläuten, wird zerschlagen. Der Knall und das anschließende Knistern wird über das Internet www.ta-art.com/kristalltag.htm weltweit übertragen. 

Heute, Mittwoch, folgt im Dominikanersaal um 19:30 Uhr die Lesung von Wolfgang Hübsch "Heimat - schrägt und bitter". Es ist ein Aufeinandertreffen von Qualtinger und Bernhard, Jelinek und Schneyder - Krachen und Ächzen, Witz und Wehmut. Helmut Haas umrahmt die Lesung auf der Baß-Tuba.

"Heimat-anders" heißt es am Samstag, 14. November, um 19.30 Uhr im Museum Arbeitswelt. Der Autor Hans Kumpfmüller schöpft aus seiner "Buagschdomsubm", Dudelsack, Saugeige und Geige spielen dazu auf. 

Im Dominkanerhaus wird am Freitag, 20. November, von 14 bis 22 Uhr und Samstag, 21. November, von 9 bis 19 Uhr die Geschichte vom verlorenen Sohn im Bibliodrama "Fremd sein - heimkommen" von Josef Maderegger nachgespielt.

Im Museum Arbeitswelt gibt es schlißlich am Samstag, 21. November, den "Heimat-Integrations-Tag" mit Tanzworkshop, Singen, Lesestunde und Heimatabend.

_________ 

OÖ Nachrichten Kultur
1998-11-13

 

KUNST IM NETZ: Aktion zur "Kristallnacht"
Für das Licht der Zukunft 
Gold schimmerndes, zerberstendes Sicherheitsglas. Das ist die Startseite des neuen Kunstprojekts "Kristalltag", das der oberösterreichische Künstler Johannes Angerbauer im Internet präsentiert. Konzept der bemerkenswerten Webside: erstens die Vergangenheit als Fundament, die Gegenwart als Gebäude und die Zukunft als Dach. Als Ausgangspunkt wählte der Künstler das Schußattentat von Herschel Grynszpan auf den deutschen Legationssekretär Ernst vom Rath am 7.11.1938.

Dieses Attentat diente den Nazis als willkommener Anlaß für einen Propagandafeldzug gegen die Juden. Das sich daraus entwickelnde Pogrom vom 9. auf 10. November 1938 ging als "Reichskristallnacht" in die Geschichte ein. Angerbauer verwendete ein Foto von Grynszpan als Basis, setzte darauf eine blattvergoldete Verbundsicherheitsplatte. Am 7. November hinterließen Menschen, die selbst das Schicksal einer Vertreibung erleiden mußten, ihre Spuren auf dieser Platte, deren Spannung am 9. November durch Zerschlagen gelöst wurde und zugleich als Symbol für den Knall der Schüsse des Attentats und das Klirren der Scheiben in der Reichskristallnacht steht. Der Titel "Kristalltag" steht für jenes das Dunkel der Nacht vertreibende Licht der Zukunft. Zu sehen und zu hören unter http://www.ta-art.com/kristalltag.htm  (irju) 

_________ 

OÖ Kronenzeitung
1998-11-13

 

Zum Gedenken an die Kristallnacht sandte der Steyrer Künstler Johannes Angerbauer einen "weltweit aufrüttelnden Knall" ins Internet. Er zertrümmerte dafür ein auf Glas aufgezogenes, vergoldetes Bild von Herschel Grynszpan: "Der Schlag steht stellvertretend für die Schicksalsschläge aller Vertriebenen", so der Künstler. Zu hören unter www.ta-art.com/kristalltag.htm

_________ 

Steyrer Rundschau
1998-11-26

 

Angerbauer: Knall und Knistern im Internet Steyrer Künstler stellt Kristallnacht durch Kunstaktion dar

STEYR. Die Ereignisse der sogenannten Reichskristallnacht von 9. auf 10. November 1938 hat der Steyrer Künstler Johannes Angerbauer durch eine Kunstaktion dargestellt. Die Aktion baut auf einen Bildinhalt auf, in dem die Themen "Heimat", "Vertriebene" und "Kristallnacht" mittels Gold verschmolzen werden.

In der Kristallnacht stürmten Nazi-Banden jüdische Geschäfte und Häuser in Deutschland und Österreich. Tausende Menschen wurden damals gefoltert und ermordet. Der offizielle Anlaß für die Kristallnacht (man nannte sie so, weil die zerbrochenen Glasscherben wie Kristall aussahen): am 7. November 1938 erschoß der 17jährige Jude Herschel Grynszpan den deutschen Diplomaten Ernst vom Rath mit einem Revolver. Grynszpans Eltern waren kurz vorher von den Nazis enteignet und aus ihrer Wohnung vertrieben worden. 

Die Revolverschüsse des 7. November 1938 und das darauffolgende Klirren der Kristallnacht werden sechzig Jahre später von Johannes Angerbauer durch einen Knall und ein darauffolgendes Knistern schlagartig vereint. Dieser Knall wurde vor kurzem in Form einer Audiodatei ins Internet gestellt (Adresse:  www.ta-art.com/kristalltag.htm). 

Positives Symbol des Niemals wieder 

Angerbauer: "Diese Datei kann und soll sich von hier durch die dem Internet typische Entladungsmöglichkeit ausbreiten. Sie soll ihren Platz auf den Homepages der Welt finden als ein positives Symbol des Niemals wieder." 

_________ 

Korrekt Region Steyr
1998-11-20

 

Kunstprojekt Kristalltag Am 9. November jährte sich die Kristallnacht, der eigentliche Beginn des Holocaust, zum sechzigsten Mal. Aus diesem Anlaß rief Johannes Angerbauer das Kunstprojekt "Kristalltag" ins Leben. 

Eine Skulptur in Form einer vergoldeten Glasplatte mit dem Bild Herschel Grynszpans, der durch sein Attentat auf Botschaftssekretär Ernst vom Rath in Paris den willkommenen Anlaß bot, den Holocaust einzuläuten. Darauf die Spuren Heimatvertriebener und überlebender Opfer des Holocaust. Am 9. Nov. abends wurde von Johannes Angerbauer diese "quadratische Schallplatte" in der Wohnung einer betroffenen Familie in Steyr zerschlagen. Der Knall und das anschließende Knistern wird seit 10. November, 5.00 Uhr früh über das Internet weltweit übertragen.  

Die Schüsse des Attentats vom 7. Nov. 1938 und das Klirren der Gläser der Reichspogromnacht verschmelzen 60 Jahre später in einem Knall und Knistern. Die 60 sek. Tondatei ist über www.ta-art.com/kristalltag.htm abrufbar. In Sicherheit und konserviert auf dem Ars Electronica Server in Linz. Mit dieser Arbeit will Johannes Angerbauer motivieren, über die Vertreibung von Menschen aus ihrer Heimat nachzudenken. Vor 60 Jahren der Beginn unendlichen Leids, heute nicht mehr in unserer unmittelbaren Umgebung, aber niemals weit genug entfernt, um die Augen davor zu verschließen. ür Interessierte::www.ta-art.com/kristalltag.htmmAktuelle Detailinformationen::www.ta-art.com/kristalltag/doku98.htmwww.ta-art.com/kristalltag/doku98.htm 

_________ 

Museum Arbeitswelt Journal  1999

   

T.A.05098 Kristalltag Ein besonderes künstlerisches Ereignis sprengte in räumlicher und zeitlicher Hinsicht den Rahmen. Der Steyrer Johannes Angerbauer gemahnte in einem Vorhaben von bezwingender Originalität und großer Schlüssigkeit an die beklemmenden Geschehnisse der sogenannten "Reichskristallnacht", des großen Novemberpogroms des Jahres 1938. Dabei nahm er das Schicksal des jungen polnisch-deutschen Juden Herschel Grynszpan zum Ausgangspunkt für die Entwicklung seines Gesamtkonzepts.

Die Verzweiflungstat Grynszpans, der in seiner ausweglosen Lage ein Zeichen setzen wollte, das auf das Schicksal seiner Eltern, sein eigenes Los sowie die Lage der Juden insgesamt aufmerksam machen sollte, bot den NS-Machthabern den höchst willkommenen Vorwand für ihr scheinbar "spontanes", in Wahrheit seit längerem und bestens organisiertes Losschlagen gegen die Juden im gesamten Reichsgebiet ­ zu dem auch schon die "Ostmark" gehörte. (Daß in unserem Land besonders brutal gegen die jüdischen MitbürgerInnen agiert wurde, ist mit Sicherheit eines der schmerzlichsten Kapiteln unserer Geschichte.) . 

Herschel Grynszpan schoß am 7. November 1938 in der Deutschen Botschaft in Paris auf den dritten Botschaftssekretär Ernst von Rath, der zwei Tage später, am 9. November 1938, seinen Verletzungen erlag. Tragischerweise handelte es sich bei Ernst von Rath um einen Regimekritiker, der sogar von der Gestapo überwacht wurde. Der junge Attentäter hätte eigentlich den Botschafter erschießen wollen, hatte diesen aber nicht angetroffen. So wurde von Rath zum Opfer ­ und in der Folge vom NS-Regime, das seinen Tod propagandistisch in enormer Weise ausschlachtete, zum deutschen Märtyrer verklärt 

Johannes Angerbauer schuf eine mit Blattgold bedeckte und mit Sicherheitsglas gefaßte Tafel, deren Bildinhalt ­ ein Foto von Herschel Grynszpan bei seiner Verhaftung ­ vorerst verborgen blieb. Am 7. November wurden Menschen, die selbst das Schicksal der Vertreibung erleiden mußten, vom Künstler gebeten, ihre Spuren auf der Goldfläche zu hinterlassen. Damit wurden sie zu Gestaltern des Kunstwerks. Am 9. November schließlich versetzte eine Person während einer Aktion, die in einem symbolträchtigen Haus in Steyr im Kreise weniger, mit dem historischen Geschehen in Beziehung stehender Menschen stattfand, dem Bild einen Schlag, der nach den Worten des Künstlers stellvertretend für die Schicksalsschläge aller Vertriebenen steht, während der darauffolgende Knall des zerberstenden Glases die Schüsse des Attentats mit dem Klirren der Glasscheiben in der "Reichskristallnacht" vereint. Am 10. November um 5 Uhr früh ­ zu diesem Zeitpunkt sollten die Ausschreitungen nach dem Willen der NS- Machthaber abgeschlossen sein ­ wurde dieser Knall als eigentliches Kunstwerk im Form einer Audiodatei ins Internet gestellt, wo die Aktion nebst eine genaueren Beschreibung abrufbar ist, und zwar unter http://www.ta-art.com/kristalltag.htm. 

Diese Datei kann und soll sich von hier durch die dem Internet typische "Entladungsmöglichkeit" ausbreiten. Sie soll ihren Platz auf den Homepages der Welt finden als ein positives (Propaganda-) Symbol des: "Niemals wieder ­ im Kleinen wie im Großen" Johannes Angerbauer 

Dieser Aussage ist im Grunde nichts hinzuzufügen, außer vielleicht, daß diese Kunstaktion wie auch der gesamte Heimat-Kultur-Abend ein Auftakt der Veranstaltungsreihe “Heimat, na und ?" war, wie er besser, programmatischer und anregender kaum gedacht werden könnte: ein gutes Omen für den weiteren Verlauf des Projekts.